Schon wieder Datenmissbrauch bei der Polizei: Gegen zwei Potsdamer Mitarbeiter wurden Disziplinarverfahren eingeleitet, weil sie unbefugt auf Informationen in behördlichen Datenbanken zugriffen. Beide waren Mitglied bei Uniter, dem Soldaten-Netzwerk mit engen Verbindungen zur rechtsextremen Prepper-Gruppe Nordkreuz.
Zwei Potsdamer Polizeiangestellte aus dem Umfeld des mutmaßlich rechtsextremen Vereins Uniter haben offenbar ihren Zugang zu Polizeidatenbanken missbraucht. Das teilte die Polizei Brandenburg am Dienstag in einer Pressemitteilung mit. Gegen die Bediensteten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet.
Uniter ist ein Netzwerk von aktuellen und ehemaligen Soldaten und Polizisten mit großer Nähe zur rechtsextremen Prepper-Gruppe Nordkreuz. Beide Initiativen wurden vom Bundeswehrsoldaten Andre S., Spitzname „Hannibal“, gegründet. Seit 2019 wird der Verein, der zu dem Zeitpunkt nach eigenen Angaben [PDF] mehr als 2000 Mitglieder hatte, vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Prüffall geführt.
Die Potsdamer Polizeimitarbeiter, die laut Pressestelle weder bei den Spezialeinheiten noch bei der Bereitschaftspolizei beschäftigt sind, seien 2019 „nach internen Gesprächen“ aus dem Verein ausgetreten. Nun stellt sich heraus, dass die beiden Abfragen im polizeilichen Auskunftssystem gestellt hatten, bei denen sich kein Bezug zu ihren Aufgaben herstellen ließ.
Kein Einzelfall
Konkret habe einer von ihnen Daten zu seiner eigenen Person, zu seinem familiären Umfeld und zu einem anderen ehemaligen Uniter-Mitglied abgerufen. Der andere Bedienstete „recherchierte im Einsatzdokumentationssystem“, heißt es lapidar in der Pressemitteilung.
Der Datenmissbrauch bei der Polizei Brandenburg ist der jüngste in einer langen Reihe. Erst im vergangenen Jahr hatte ein Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten Mecklenburg-Vorpommern [PDF] für Aufsehen gesorgt, in dem dieser zwei Fälle öffentlich machte, in denen Polizisten die dienstlich erlangten Handynummern von minderjährigen Mädchen nutzten, um sexuelle Kontakte anzubahnen. Eine der Betroffenen war eine 15-jährige Schülerin, die sich zuvor an die Polizei gewandt hatte, weil ungefragt Nacktfotos von ihr im Internet veröffentlicht wurden. Die andere, eine 13-Jährige, war Zeugin in einem Missbrauchsverfahren.
Immer wieder steckt hinter dem Datenmissbrauch durch Polizist:innen auch eine politische Motivation: Eine mutmaßlich rechtsextreme Gruppierung bei der Frankfurter Polizei hatte 2018 die Anschrift der Anwältin Seda Başay-Yıldız abgefragt, um ihr Drohbriefe zu schreiben. Başay-Yıldız vertrat die Familien von Opfern der rechtsextremen Terrorgruppe NSU, die Drohbriefe waren mit „NSU 2.0“ unterschrieben. In Berlin hatte ein Polizist 2017 die Daten von Menschen aus der linken Szene abgefragt und ihnen ebenfalls Drohbriefe geschickt. Ähnliches ereignete sich jüngst in Greifswald.
Datenschutzbehörde ist noch nicht informiert
Im Raum steht zudem der Verdacht, dass auch Daten, mit denen die rechtsextreme Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ ihre Todeslisten pflegte, aus Polizeidatenbanken stammen könnten. Zu der von der taz aufgedeckten Gruppierung gehörten mehrere Polizeibeamte, die inzwischen suspendiert wurden. Im Potsdamer Fall hat die Polizei nach eigenen Angaben keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Informationen weitergeben wurde. Die Prüfung sei jedoch noch nicht abgeschlossen.
Seit der EU-Datenschutzreform von 2018 sind nicht mehr die Innenministerien, sondern die unabhängigen Datenschutzbehörden für die Verfolgung von Datenschutzverstößen bei der Polizei zuständig. Sofern es sich bei der Datennutzung möglicherweise um Straftaten gehandelt hat, ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Die Polizei selbst kann disziplinarische Maßnahmen ergreifen.
Wie die Polizei nun mitteilt, seien den beiden Mitarbeitern inzwischen „sämtliche Zugangsberechtigungen für polizeiliche Auskunftssysteme“ entzogen worden. Das Landeskriminalamt Brandenburg prüfe zudem, ob neben den Disziplinarverfahren auch Strafverfahren notwendig seien.
Der Pressemitteilung zufolge will die Polizei auch die Landesdatenschutzbeauftragte über den Verdacht des Verstoßes gegen das Brandenburgische Datenschutzgesetz informieren. Am heutigen Mittwoch ist dies laut Pressestelle der Datenschutzbehörde noch nicht passiert.