Rassistische Polizeibrutalität führt erneut zur Ermordung eines Menschen…

Polizeigewalt

Gerechtigkeit für Stanislav Tomáš

Gerechtigkeit für Stanislav Tomáš

Romano Sumnal der Verein für Roma in Sachsen, ruft für den Montag, den 05.07.21 um 16 Uhr zu einer Mahnwache vor dem tschechischen Generalkonsulat in Dresden, Erna-Berger Str. 1, 01097 Dresden auf.

Stanislav Tomáš, 49 Jahre alt, Rom, wurde am 19. Juni 2021 im tschechischen Teplice unweit der deutschen Grenze von der Polizei ermordet. Mehr als sechs Minuten kniete ein Polizist auf seinem Hals, danach war er tot. Diese Situation kommt uns bekannt vor – sie führte auch zur Ermordung George Floyds. Die tschechische Regierung stellt sich hinter die Beamt*innen und rechtfertigt ihr Vorgehen, die Polizei bestreitet jegliches Fehlverhalten. Stattdessen veröffentlichte sie ein Video, dass ihr Verhalten rechtfertigen soll und verbreitet diffamierende Informationen über den Toten.

Polizeigewalt ist für die Roma-Community in ganz Europa ein Problem. Racial Profiling, rassistische Ressentiments und Gewalt gegenüber Mitgliedern der Community erleben viele täglich. Während der Coronapandemie hat die Repression gegen Rom*nja vielerorts zugenommen. Der Roma Rights Center berichtet zum Beispiel, dass die Zahl der Razzien in Roma-Gemeinschaften in ganz Osteuropa spürbar zugenommen hat und die Polizei aggressiver vorzugehen scheint. [1] 

Die Ausübung von Gewalt hat keine Konsequenzen für die Polizei. Ihr Vorgehen wird von staatlichen Behörden gerechtfertigt. Oft kommt es von den Behörden zu einer Umkehr von Betroffenen und Gewaltausübenden. Dadurch sind Rom*nja enormer Gewalt durch die Polizei ausgesetzt und werden gleichzeitig für Dinge, die sie nicht getan haben, zu harten Strafen verurteilt.[2] Soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung innerhalb der Gesellschaft verhindern Solidarität und Gerechtigkeit für die Betroffenen.  Auch in Deutschland erleben Angehörige der Roma-Community täglich Polizeigewalt, Diskriminierung und soziale Ausgrenzung. Im April 2020 wurden in der Nähe von Freiburg bei einem Einsatz von Polizei- und Ordnungsamt Angehörige einer Romafamilie zum Teil schwer verletzt.[3] In Singen wurden zu Jahresbeginn ein elfjähriges Kind in Handschellen abgeführt und dessen Familie von dem Beamten mit dem Z-Wort beschimpft.[4]

Allerdings sind das nur einige wenige Fälle die den offenen Antiromaismus und das Problem der Polizeigewalt dokumentieren. Untersuchungen zum Thema Polizeigewalt offenbaren, dass die Zahl der nicht registrierten Vorfälle hoch sind. Laut der Studie von Tobias Singelstein der Ruhruni Bochum beträgt das Verhältnis von angezeigten Straftaten gegen Polizist*innen in Deutschland 1:6, also nur jede sechste Straftat wird auch wirklich von den Betroffenen zur Anzeige gebracht. [5] Die Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung aus der Schweiz zu Racial Profiling unterstützt diese Perspektive.[6] Betroffene berichten dort von mangelndem Fachwissen von Rechtsanwält*innen, möglicher Gefährdung des Aufenthaltsstatus, finanziellem Risiko aber auch den schlechten Erfolgsaussichten. Fälle von antiromaistischer Polizeigewalt werden zudem nicht systematisch erfasst.

Die Polizei agiert in einem scheinbar rechtsfreiem Raum. Sie können sich sicher sein, dass ihr Vergehen entweder nicht zur Anzeige gebracht wird, von der Staatsanwaltschaft nicht näher verfolgt wird, das Verfahren spätestens vor Gericht eingestellt bzw. mit einer zu vernachlässigenden Strafe belegt wird. Der gesellschaftlich Verbreitete Antiromaismus unterstütz diese Realität. Vorallem in Deutschland hat Antiromaismus eine lange Tradition und gipfelte in der Ermordung der Sint*izze und Rom*nja während des Nationalsozialismus. Dieser gesellschaftlichen Verantwortung müssen wir uns stellen.

In Teplice und anderen Orten in Europa gab es bereits Roma Lives Matter Kundgebungen. Die große Resonanz wie bei George Floyd blieb jedoch bisher aus. Es ist wichtig sich mit der Roma-Community solidarisch zu zeigen und gegen Antiromaismus und Polizeigewalt auf die Straße zu gehen.

Gerechtigkeit für Stanislav Tomáš
Romano Sumnal der Verein für Roma in Sachsen, ruft für den Montag, den 05.07.21 um 16 Uhr zu einer Mahnwache vor dem tschechischen Generalkonsulat in Dresden, Erna-Berger Str. 1, 01097 Dresden auf.

Solidarität mit den Betroffenen von Polizeigewalt


[1] https://www.pri.org/stories/2020-08-24/roma-persecution-intensifies-during-coronavirus-pandemic-europe
[2] https://www.aljazeera.com/news/2021/5/20/authorities-dont-treat-roma-like-ordinary-citizens
[3] https://zentralrat.sintiundroma.de/zentralrat-deutscher-sinti-und-roma-fordert-lueckenlose-aufklaerung-von-polizeigewalt-gegen-eine-roma-familie-in-freiburg/
[4] Singenhttps://www.sueddeutsche.de/politik/polizei-baden-wuerttemberg-sinti-polizeigewalt-kind-handschellen-1.5201627https://www.swr.de/swraktuell/offenbar-zweites-kind-in-singen-von-polizei-beleidigt-100.html
[5] https://kviapol.rub.de/index.php/inhalte/zwischenbericht
[6] https://www.rosalux.de/publikation/id/40493/racial-profiling/

Bildquelle: (Ondrej Hajek/CTK via AP) Associated Press